Katharina Rimpler: Auf vegetarischer Mission

Katharina Rimpler

Katharina RimplerDie Initiatorin der Initiative Halbzeitvegetarier will Menschen zu einem bewussteren, sparsamen Fleischkonsum motivieren – ohne bedrohlich mit der Mohrrübe zu wedeln. Einigen geht Katharina nicht weit genug – für andere ist zur Hälfte Vegetarier sein eine echte Herausforderung.

Wir haben mit Katharina über die Idee „Halbzeitvegetarier“ gesprochen und warum die Berlinerin eine Mission hat, aber keine Missionarin ist.

GreenInBerlin: Katharina, du hast Anfang 2011 die Initiative „Halbzeitvegetarier“ gestartet. Ein weiteres Berliner Projekt, welches das Werkstatt-N Label für Nachhaltige Impulse erhalten hat. Worum geht es dabei?

Katharina:  Halbzeitvegetarier richtet sich an diejenigen, denen die „guten Gründe“ für Fleischverzicht bewusst sind, denen es aber schwer fällt, komplett auf vegetarische Ernährung umzustellen und das im Alltag umzusetzen.  Sie möchten aber trotzdem ihren Beitrag leisten. Es geht darum, zu zeigen, dass es bei Fleischkonsum nicht nur schwarz oder weiss gibt. Also entweder „ich bin Vegetarier“ oder  „ich konsumiere bei jeder Gelegenheit Fleisch aus Massentierhaltung“. Es gibt auch ein „dazwischen“, einen verantwortungsvollen, sparsamen Umgang mit Fleisch. Und der sollte auch anerkannt werden.

HalbzeitvegetarierGreenInBerlin: Welcher Zusammenhang besteht zwischen Nachhaltigkeit und Fleischkonsum?

Katharina: Kurz gesagt: viel von dem Fleisch was bedenkenlos konsumiert wird, wird auch bedenkenlos produziert. Das beginnt damit, dass das Tierfutter nicht nachhaltig angebaut wird und unter welchen Umständen die Tiere gehalten werden. Es geht weiter mit den negativen Auswirkungen der Tierhaltung auf Boden, Wasser, Klima, die lokale Bevölkerung. (Anmerkung GreenInBerlin: die Food and Agriculture Organization of the United Nations, kurz FAO, hat in 2006 einen Bericht veröffentlicht, nach dem mindestens 18% der weltweit freigesetzten Treibhausgase auf Tierhaltung zurückzuführen sind.)

GreenInBerlin: Warum fällt es Mensch denn so schwer, ihren Fleischkonsum zu reduzieren oder sich sogar ganz vegetarisch zu ernähren?

Katharina: Da ist zum einen, dass viele keine Idee haben, was sich kochen sollen. Viele wollen diese komplette Umstellung auch gar nicht, zum Beispiel, weil sie Fleisch einfach zu gern mögen. Dazu kommt, dass das Umfeld, Freunde und Familie,eine große Rolle spielt – man isst ja oft in Gesellschaft- und als Vegetarier kommt man dann leicht in Situationen wo man sich abgrenzt, ohne es eigentlich zu wollen. Verhaltensänderungen funktionieren in der Regel nicht von heute auf morgen. Seine Gewohnheiten dauerhaft zu ändern, ist ein Prozess, der Zeit braucht. 

GreenInBerlin: Wie genau funtioniert „Halbzeitvegetarier“  ?

Katharina Erst mal geht es nicht darum, etwas zu verbieten. Wenn man sich Dinge verbietet, kriegt man schlechte Laune. Das funktioniert auf Dauer nicht. Die Idee lautet: Zwei halbe Vegetarier sind auch ein ganzer. Der Vorschlag ist: Such dir einen Verbündeten und esst zusammen weniger Fleisch und probiert aus, wie das ist. Die Hälfte essen – das können sich viele Leute viel eher vorstellen, als sofort ganz auf Fleisch zu verzichten. Zu zweit bleibt man besser dabei, man kann zusammen kochen, zusammen vegetarische Restaurants ausprobieren und sich gegenseitig motivieren. Es gibt einen Wochenplan für die Kühlschranktür, auf dem eingetragen werden kann, wie oft und wieviel Fleisch gegessen wurde. Wir verlosen auch hin und wieder motivierende Preise, z.B. Kochkurse. 

GreenInBerlin: Es gab auch einiges an Kritik für Halbzeitvegetarier.

Katharina: Oh ja. Es gab viele heftige Diskussionen und Mails, vor allem von der Seite der Veganer. Für viele war Halbzeitvegetarier zu sein nicht genug. Darauf war ich nicht vorbereitet, weil ich davon ausgegangen bin, dass ich einen guten Zweck vertrete. Viele stoßen sich auch an dem Namen Halbzeitvegetarier – gibt es sowas überhaupt ?- aber gerade diese Reflektion wollte ich ja anregen. Man kann das Thema einerseits von der tier-ethischen Perspektive betrachten. Aber eben auch aus der Umweltperspektive. Und wenn man danach geht, macht es eben schon einen Unterschied, wenn man seinen Fleischkonsum wenigstens halbiert. Es gab dann ein klärendes Streitgespräch mit Christian Vagedes, dem Gründer und Vorsitzende der Veganen Gesellschaft Deutschland in der taz – seitdem ist eigentlich Ruhe.

GreenInBerlin: Wie ernährst du dich selbst?

Katharina: Wenn mich jemand fragt, dann sage ich eher „Ich ernähre mich vegetarisch“. Ich habe mich nie konkret entschieden, für immer Vegetarierin zu sein – ich esse einfach gern Fisch. Fleisch habe ich aber ehrlich gesagt nie richtig gern gegessen.

GreenInBerlin: Was sagt deine Familie dazu?

Katharina: In meiner Familie gibt es alles – von „Wenig-Fleisch-Esser“ bis zu der Einstellung, dass man ohne tierisches Eiweiß kein gesunder Mensch sein kann. Vom Ausprobieren konnte ich aber einige überzeugen – wir hatten den Wochenplan zeitweise auch bei uns zu Hause am Kühlschrank hängen.

GreenInBerlin: Wie lebt es sich als Vegetarier in Berlin?

Katharina: Easy! Im Vergleich zu Thüringen, wo ich öfter mal bin…in Weimar habe ich als Vegetarierin in einer Kantine schon mal Lachssalat serviert bekommen (lacht). In Berlin ist es nichts besonderes, Vegetarier zu sein. Es ist zum Beispiel ganz leicht, ein gutes, warmes Mittagessen zu bekommen, das vegetarisch ist und auch satt macht.

GreenInBerlin: Welchen „green“ Tipp hast du für Berliner ?

Katharina: Ich würde auf jeden Fall empfehlen sich zu verbünden. Eine gute Möglichkeit ist der Jour Fixe Berliner Nachhaltigkeitsinitiativen. Und dann würde ich auf jeden Fall mal in die Prinzessinnengärten gehen und da einen Wurzelsaft trinken. Der ist unglaublich gut – alles bio. Und es ist schattig und ruhig dort – gut lernen kann man da auch.

GreenInBerlin: Was würdest du dir für ein grünes Berlin noch wünschen?

Katharina: Es wäre schön, wenn sich die Institutionen in Berlin mehr von den ganzen Berliner Initiativen inspirieren lassen. 

GreenInBerlin: Wie geht es weiter bei Halbzeitvegetarier? 

Katharina: Eine App wäre zum Beispiel super, so könnte man den Fleischkonsum auch unterwegs dokumentieren. Allerdings bräuchte ich dafür einen Entwickler – vielleicht findet sich ja jemand über Green In Berlin, der darf sich gerne melden. Ansonsten würde ich gern Workshops entwickeln, die sich in den Unterricht einbinden lassen. Ansonsten sind wir dieses Jahr bei McPlanet dabei – da helfen wir Interessierten einen Halbzeitvegetarier-Partner zu finden.

GreenInBerlin: Vielen Dank für das Interview und alles Gute! Bis zur Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung zur Vorstellung der Werkstatt N Projekte!

Links zum Interview: